Auf der Suche nach einer Lektüre über die Berliner Ganovenverbünde der Vorkriegszeit, die sogenannten Ringvereine, und deren wohl prominentestes Mitglied „Muskel-“Adolf Leib, stieß ich auf die unbedingt lesenswerten autobiographischen Fallschilderungen des Kollegen Dr. Dr. Erich Frey in dessen 1959 erschienen Buch „Ich beantrage Freispruch“.

Nachdem sich nicht zuletzt dank der Werke von Ferdinand Schirach die Mandatsprosa einer immer größeren Beliebtheit erfreut, sollte das Werk Freys jedem Liebhaber des Genres wärmstens empfohlen sein. In Zeiten, in denen selbst Darsteller von TV-Gerichtsshows ihren realen Kanzleialltag effekthascherisch in Buchform aufbereiten, stellen die sprachlich und stilistisch hervorragend wiedergegebenen Schilderungen eines der größten Berliner Strafverteidiger des frühen 20. Jahrhunderts ein absolutes Highlight dar.

Im Laufe der Nacherzählung einiger der aufsehenerregendsten Kriminalfälle seiner Zeit, erhält der Leser nicht nur einen einzigartigen Einblick in den Anwaltsberuf, der auch 100 Jahre später noch verblüffend aktuell zu sein scheint, sondern erfährt zugleich exklusive Details der jeweiligen Strafprozesse aus Sicht des Strafverteidigers.

Neben den aufregenden und vor allem authentischen Schilderungen berühmter Kriminalfälle, bspw. des Serienmörders Fritz Haarmann, des Mörders Carl Grossmann oder der „Steglitzer Schülertragödie“ um Paul Krantz, die bereits vielfach Eingang in Literatur und Film gefunden haben, sind es aber vor allem die erzählerischen Details und die Sprache, die ein vielschichtiges Bild des Berlins und seiner Leute der 1910er und 1920er Jahre entstehen lassen und damit das Buch zu etwas Besonderem machen.

Fazit: Absolut empfehlenswert!