Eine Wahrheit vorweg: CDU und CSU haben dafür gesorgt, dass die Mietpreisbremse (§ 556d BGB ff.) den Vermietern keinerlei Anreiz bietet, sich an sie zu halten.

Es gibt bei der Verletzung der Mietpreisbremse keine Sanktionen. Es gibt nicht einmal die Verpflichtung des Vermieters, die seit Mietbeginn unrechtmäßig überhöht kassierte Miete zurückzuerstatten. Erst ab dem Monat nachdem der Mieter seine Miethöhe gegenüber dem Vermieter mit einer „qualifizierten Rüge“ zu Recht moniert, besteht eine Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Vermieter.
Anders gesagt: Der Vermieter kann trotz Mietpreisbremse einfach versuchen, eine Miete in beliebiger Höhe vom Mieter zu verlangen. Solange der Mieter diese Miete ohne Beanstandung zahlt, gehört das Geld unwiederbringlich dem Vermieter. Im für ihn „schlimmsten“ Fall muss der Vermieter die Miete nach der qualifizierten Rüge des Mieters auf das gesetzlich vorgesehene Maß begrenzen.
Warum also sollte er sich von sich aus an das Gesetz halten? Es gibt keinen Grund. Und das war politisch von den Unionsparteien so gewollt.

Auch die Ausnahmen von der Mietpreisbremse wurden von den Unionsparteien eingeführt, um die Renditeinteressen der Vermieter zu schützen. Anders ist es nicht zu erklären, dass ein Vermieter, der bereits vor der Einführung der Mietpreisbremse überhöhte Mieten kassiert hat, dies auch bei Auszug des Mieters gegenüber dem nächsten Mieter weiterhin dürfen soll. Er hat vom Gesetzgeber eine gesetzliche Garantie zur Erhebung weiterhin überhöhter Mieten erhalten.

Und dann sollen noch Modernisierungskosten, die zwischen dem Auszug des alten Mieters und dem Einzug des neuen Mieters angefallen sind, zu 11% pro Jahr auf die nach der Mietpreisbremse zulässige Miete aufgeschlagen werden dürfen. Obwohl diese Aufwertung seines Eigentums sich ohnehin zu Gunsten des Vermieters auswirkt, da er auch im Rahmen der Mietpreisbremse für besser ausgestattete Wohnungen eine höhere Miete verlangen darf.

Dennoch:

Wer seit Juni 2015 in Berlin eine Wohnung gemietet hat und dafür eine hohe Miete zahlt, hat gute Chancen, mit der Mietpreisbremse dagegen vorzugehen.

Denn der Großteil der neuvermieteten Wohnungen ist zuvor nicht bereits ebenso teuer gewesen (im Zweifel erkundigen Sie sich bei Nachbarn, die bereits lange im Haus wohnen: Wenn Ihr Vormieter dort ebenfalls lange gewohnt hat, hat er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine viel niedrigere Miete gezahlt als Sie).

Auch eine zwischen den Mietverhältnissen mögliche Modernisierung ist in den wenigsten Fällen erfolgt oder sehr kostenintensiv gewesen, oft war es nur eine Instandsetzung. Das Streichen der Wohnungswände, das Abziehen der Dielenböden oder der Neuanstrich der schönen Altbaufenster sind gerade keine Modernisierungen. Die dafür angefallenen Kosten können also auch nicht umgelegt werden.

Daher sollte die Chance zur Absenkung der eigenen Miete genutzt werden.

Die „qualifizierte Rüge“, die das Gesetz verlangt, bedeutet im Wesentlichen:
Dass man den Mietspiegelwert für die eigene Wohnung errechnet, um 10% erhöht und wenn dieser Wert niedriger ist, als die derzeitige Miete, dies gegenüber dem Vermieter schriftlich anzeigt und eine Anpassung der derzeitigen Miete an den errechneten Wert fordert. ­

Der Vermieter kann dann dazu Stellung nehmen. Wenn er nicht nachweisen kann, dass er berechtigt ist, die derzeitige hohe Miete zu verlangen, muss er die Miete senken. Tut er dies nicht, kann die Senkung der Miete gerichtlich durchgesetzt werden. Im Ergebnis geht das recht einfach und ist sehr erfolgsversprechend.

 

Achtung vor einem beliebten neuen Vermietertrick!

Einige Vermieter haben sich für bestimmte Fälle ein besonderes Vorgehen überlegt. Wenn bei einer Wohngemeinschaft nur ein oder zwei Hauptmieter im Vertrag stehen, gibt es bei deren Auszug kein Recht der anderen WG-Bewohner, in das Mietverhältnis aufgenommen zu werden (bei drei oder mehr Hauptmietern ist das meist anders, siehe hier). Das Mietverhältnis endet also.
Bei einer Neuvermietung der Wohnung an die übrigen WG-Bewohner, oder auch ganz andere Personen, greift aber die Mietpreisbremse. Um diese zu umgehen sind einige Vermieter auf den Gedanken gekommen, einfach eine „Vertragsänderung“ zwischen dem Vermieter, den ausscheidenden Mietern und den neuen Mietern abzuschließen. Diese „Vertragsänderung“ beinhaltet das Ausscheiden der alten Hauptmieter aus dem Mietvertrag und den Eintritt der neuen Mieter (z.B. übrige WG-Mitglieder) in den Mietvertrag, sowie selbstverständlich eine saftige Mieterhöhung!

Dieser Konstellation liegt der Gedanke zugrunde, dass man auf diese Weise die Mietpreisbremse umgehen könne. Denn eine Vertragsänderung ist doch schließlich etwas anderes als die Neubegründung eines Vertrags …
Allerdings ist die Konstellation für den Mieter genau dieselbe wie bei einem Neuabschluss des Vertrags. In beiden Fällen hat er kein Recht auf die Aufnahme in den Mietvertrag und stimmt der überhöhten Miete zu, weil er anderenfalls die Wohnung nicht bekommen wird. Es besteht entsprechend auch hier die gleiche Schutzbedürftigkeit der Mieter.

Der Unterzeichner hat bislang in einem solchen Fall die neuen Mieter erfolgreich vor Gericht vertreten (der Vermieter stimmte der Absenkung der Miete im gerichtlichen Verfahren zu, nachdem das Gericht andeutete, dass es auch hier eine Anwendung der Mietpreisbremse für zulässig halte) und vertritt derzeit in einem weiteren solchen Fall Mieter vor Gericht. Auch wenn es sicherlich immer eine Frage der Betrachtung des Einzelfalls ist, kann man doch davon ausgehen, dass eine derartige „Vertragsänderung“ eine von den Vorschriften der Mietpreisbremse abweichende „Vereinbarung zum Nachteil des Mieters“ ist. Und eine solche ist gem. § 556 g BGB unwirksam.

Wenn möglich sollte man sich in solchen Fällen beizeiten anwaltlichen Rat holen, also bevor eine Vereinbarung unterschrieben wurde.

 

Rechtsanwalt Althoff

 

Nachtrag: Der Umfang der Senkung der Miete durch die Betätigung der Mietpreisbremse kann bisweilen beträchtlich sein. Zuletzt habe ich Mieter vertreten, deren Miete im Klageweg von 1.385,- € auf 735,- € gesenkt wurde. 650,- € haben die Mieter jetzt jeden Monat mehr zur Verfügung.

Rechtsanwalt Althoff, 01.08.2017